Der Titel dieses Beitrags könnte auch folgendermaßen lauten :“Stell Dir vor, Deine Oma würde Deine Website besuchen und sie soll dabei auf den ersten Blick verstehen, worum es auf Deiner Seite geht“. Ich weiß nicht, wie es Dir beim Lesen dieses Titels geht, aber ich fand ihn dann doch etwas zu lang.
Aber mal ganz von vorn: Vor einigen Tagen führte ich eine Online-Marketing-Beratung mit einem Fotografen, der seine Website voran bringen möchte. Dabei sprachen wir viel über Nutzerführung und Verständnis (also, ob die Website-Besucher die Website verstehen). Auf einmal schoss mir folgendes Bild durch den Kopf. Ich sagte zu ihm „Stell Dir mal vor, die Verkäuferin des ALDIs von nebenan würde Deine Website besuchen. Würde sie Deine Website verstehen?“ Im Laufe des Gesprächs verwandelte sich die ALDI-Verkäuferin in eine Oma.
Nicht jeder Website-Besucher versteht Deine Seite
Aber was war eigentlich die Idee hinter dieser „Stell Dir mal vor“-Aussage? Websites werden inhaltlich und optisch auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet. Bei dieser Website-Gestaltungs-Arbeit kann es passieren, dass der Website-Betreiber einen Teil seiner Besucher aus den Augen verliert. Gemeint sind die Besucher, die möglicherweise nicht websurf-affin sind oder die grundsätzlich Schwierigkeiten damit haben, Dinge auf einer Website schnell zu erfassen. Aber trotzdem wollen wir sie natürlich auf unserer Seite halten. Sie verstehen dann nicht sofort, worum es eigentlich auf der Seite geht oder sie verstehen auch nicht, wo sie sich entlangbewegen sollen. Möglicherweise verlaufen sie sich auch auf der Seite. Das wäre fatal. Und gemeint sind ebenso Leute, die den Website-Betreiber bisher überhaupt nicht kennen (da passt das Bild mit der Oma zwar nicht mehr so ganz, aber das ignorieren wir jetzt einfach mal).
Und jetzt kommt wieder Deine Oma ins Spiel. Wenn Du Dir jetzt vorstellst, Du würdest sie kommentarlos vor Deine Website setzen, wäre sie in der Lage Deine Seite vollständig zu verstehen?
Die Ursachen dafür, dass sich Websitebesucher auf einer Seite verlaufen oder diese nicht verstehen, können sehr verschieden sein.
Unklare Ansprache durch Wechsel zwischen „Du“ und „Sie“
Durch die Ansprache „Sie“ oder „Du“ lege ich als Website-Anbieter fest, welche Beziehung ich mir zu meinen Website-Besuchern wünsche. Hier hat jeder seine eigenen Präferenzen. Wenn ich jedoch im Rahmen der Website-Kommunikation ständig zwischen den beiden Varianten hin- und her springe, lasse ich den Besucher verunsichert zurück. Das muss keine große Verunsicherung sein, jedoch dürfen wir nicht vergessen, dass der Besucher schon bei der kleinsten Verunsicherung in Bruchteilen von Sekunden zur Konkurrenzseite wechseln kann.
Mögliche Lösung:
Entscheide Dich ganz einfach konsequent für die Anredeform, die Du bevorzugst.
Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen
Der Gebrauch mehrerer Sprachen auf einer Website ist grundsätzlich nicht dramatisch, für viele Anbieter sogar sehr wichtig. Jedoch sollte man damit sorgsam umgehen. Wenn z. B. innerhalb einer rein deutschsprachigen Seite auf einmal ein „contact me“ oder „about“ um die Ecke geflogen kommt oder mittendrin ein anderssprachiger Text erscheint, kann das wieder irritierend auf den Website-Besucher wirken. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass nicht jeder Mensch auf dieser Welt jede Sprache versteht. Und nicht jeder Websitebesucher surft täglich auf Fotografen-, Musiker-, DJ-, Grafiker-Seiten usw. herum, um dafür ein geschultes Auge zu haben.
Mögliche Lösung:
Innerhalb eines Textes bzw. innerhalb eines Beitrags oder auf einer Einzelseite sollten nicht mehrere Sprachen auftauchen. Die verschiedenen Sprachen sollten auf der Seite klar von einander getrennt sein. Baue entweder eine komplett eigenständige Seite in der anderen Sprache auf oder schaffe einen separaten Bereich für die andere Sprache innerhalb Deiner Hauptseite, zum Beispiel mit dem Link-Hinweis „English“. Und dort hinterlegst Du dann einfach ein paar englischsprachige Infos.
Zu allgemeine Beschriftung der Menüpunkte
Häufig sieht man im Netz Seiten, in deren Menüs bzw. in derern Navigation sehr allgemeine Begriffe wie „Infos“. Doch was steckt hinter „Infos“? Kommt dort das Portfolio zum Vorschein? Oder erfährt man dort die Preise der Dienstleistung?
Mögliche Lösung:
Hier empfehle ich konkreter zu werden: Wenn hinter „Infos“ Preise stecken, dann darf man diesen Menüpunkt ruhig so benennen.
Unklare Menüstruktur
Es kann passieren, dass man die zahlreichen Menüpunkte hierarchisch falsch bzw. unververständlich ordnet.
Nachfolgend mal ein frei erfundenes Beispiel: Ein Fotograf ist Hochzeitsfotograf, Babyfotograf und Reisefotograf.
Im Menü stehen folgende Punkte (Haupmenüpunkt > Punkte unterhalb des Hauptmenüs):
Hochzeitsfotos > Hochzeitsreportagen, Brautpaarfotos
Babys > Babyfotos
Reisefotos > Argentinien, Dokumentation
Bei diesem Beispiel tauchen mehrere Probleme auf. Hochzeitsfotos und Reisefotos sind Produkte. Babys sind Motive. Bei den Reisefotos sorgen „Argentinien“ und „Dokumenation“ für Verwirrung. „Argentinien“ könnte für ein konkretes Projekt stehen, „Dokumentation“ dagegen für ein Format aus der Produktpalette.
Mögliche Lösung:
Hochzeitsfotos, Babyfotos, Reisefotos kommen gemeinsam auf die oberste Ebene. Der Begriff „Fotos“ taucht somit als roter Faden in allen Menüpunkten auf. Alle drei Menüpunkte stellen Produkte dar. Mit den Unterpunkten muss man dann noch ein wenig herumspielen und schauen, dass sie gleicher Natur sind (also z. B. Produkte darstellen)
Hochzeitsfotos > Hochzeitsreportagen, Brautpaarfotos
Babyfotos > Baby-Einzelportäts
Reisefotos > Dokumentation
Man könnte aber auch das hier machen:
Hochzeiten > Hochzeitsreportagen, Brautpaarfotos
Babys > Baby-Einzelportäts
Reise > Dokumentation
Hierbei stellen die drei Hauptmenüpunkte die keine Produkte sondern Themengebiete dar, in denen sich der Websiteanbieter bewegt.
Schlecht platzierte Handlungsaufforderung
Es gibt Webseiten, auf denen die Handlungsaufforderung (call to action) an den Websitebesucher, z. B. „Kontaktiere mich jetzt“ oder „Jetzt buchen“, an der falschen Stelle platziert ist. Bevor das Produkt oder die Dienstleistung vernünftig auf der Seite beschrieben wird, taucht auf einmal eine der o. g. Handlungsaufforderungen auf. Das ist wie, wenn ich vor einem Laden stehe und der Verkäufer bereits vor der Ladentür darum bittet, dass man den Kaufvertrag jetzt sofort unterschreibt, ohne dass man sich die Artikel im Laden angucken konnte.
Mögliche Lösung:
Überleg Dir immer, ob Dein Websitebesucher an der Stelle, an der Du eine Handlungsaufforderung aussprichst, auch überhaupt bereit ist, dieser Aufforderung sinnvoll nachzukommen. Hat er schon alle Informationen, die für die Durchführung der Handlung nötig sind?
Ähnlicher Inhalt auf verschiedenen Unterseiten
Ab und zu gibt es Websites, bei denen auf mehreren Unterseiten gleicher oder ähnlicher Inhalt erscheint. Manchmal haben diese Seiten sogar ähnlich klingende Namen wie zum Beispiel diese hier:
www.abc-musterseite.de/preise.html
www.abc-musterseite.de/preise-info.html
Das kann die Besucher verwirren, wenn es auf einmal zu einer eigentlich gleichen Information mehrere Anlaufpunkte auf der Seite gibt (und vor allem, wenn sich diese Anlaufpunkte auch noch inhaltlich leicht unterscheiden).
Mögliche Lösung:
Puuh, gar nicht so einfach. Hier ist strenge inhaltliche Pflege oberste Pflicht. Bei der Suche nach ähnlichen Inhalten oder doppelten Inhalten (duplicate content) können Webanalyse-Tools helfen. Ich nutze dafür Seobility (gibt´s auch als kostenlose Basis-Version).
schlechte Lesbarkeit, schlechte technische Umsetzung
Ein weiterer Grund warum ein Websitebesucher möglicherweise seine Besucher verliert, könnte die schlechte Lesbarkeit bzw. eine schlechte technische Umsetzung sein. Es wird zu kleine Schrift verwendet (im schlimmsten Fall sogar als Text in eine Bilddatei gepackt), helle Schriftfarbe vor hellem Hintergrund, Texte, die von anderen Website-Elementen abgeschnitten oder überlagert werden.
Mögliche Lösung:
Verwende eine Schriftart, die bei unterschiedlichen Bildschirmgrößen und Auflösungen gut zu lesen ist. Strukturiere Deine Texte mit Absätzen, Zwischenüberschriften und Aufzählungen. Verwende unterschiedliche Formatierungen, tue dies aber mit Bedacht. Verwende nicht zu viele verschiedene Formatierungen, das könnte wieder für Unruhe im Text sorgen. Für Menüpunkte würde ich eher kurze Wörter wählen, dann kommt es nicht so schnell zu Zeilenumbrüchen im Menü.
Zusammenfassung
Aber jetzt mal wieder zurück zur Oma. Wie schaffst Du es, dass sie Deine Seite auf den ersten Blick versteht? Damit das klappt, nimmst Du Dir die o. g. Punkte für Deine Website vor:
- Klarheit in der Ansprache
- Klarheit in der Sprachauswahl
- Klare Beschriftung der Menüpunkte
- Klare Menüstruktur
- Handlungsaufforderungen an den richtigen Stellen
- Einzigartige Inhalte (Vermeidung von Dopplungen)
- Gute Lesbarkeit
Und jetzt geh los und starte den Oma-Website-Test!
Haben Dir die o. g. Ausführungen weitergeholfen? Gibt es noch Aspekte, die Du dem gerne hinzufügen würdest? Über Deinen Kommentar würde ich mich sehr freuen.